WLAN:

Winkelreflektor für Richtantennen

WLAN-Reflektor Ansicht

Motivation

Gerade die unkomplizierte Kabelfreiheit des WLAN-Funknetzwerks macht dieses für die Heimanwendung überaus interessant. Einzig die von Behördenseite vorgegebene Beschränkung der Funkleistung auf 100mW EIRP behindert, weil reine WLANs mit Reichweiten im Maßstab von z.B. Einfamilienhäusern so nur vermittels geeigneter Zusatzmaßnahmen realisierbar sind. Hier bieten sich WLAN-Repeater oder Richtfunkantennen an, letztere Lösung besonders dann, wenn das Budget auf heimwerkende Weise wirksam geschont werden soll.

Auch heute noch verwenden nicht wenige WLAN-Router Koax-Dipolantennen mit näherungsweise toroidaler Abstrahlcharakteristik. Sie vergeuden oft wertvolle Sendeleistung, da sie auch in Raumrichtungen strahlen, die niemals benutzt werden. Hier ist die Idee wohlfeil, die abgestrahlte Leistung in die vorwiegend genutzte Raumrichtung zu bündeln, um die Reichweite und/oder die Übertragungsgeschwindigkeit zu maximieren.

Stand der Technik

Im Internet kursieren viele Lösungsvorschläge zum Selbstbau von WLAN-Richtantennen wie z.B. der Bauplan der berühmten Pringles-Dosen-Richtantenne. Es wird von beeindruckenden Antennengewinnen bis zu 12dB berichtet. Das gemeinsame Problem vieler Bauvorschläge ist es jedoch, dass diese einen Steckanschluss für das Anschlusskabel der Antenne im Router-Gehäuse voraussetzen, gibt es doch zahlreiche WLAN-Router auf dem Markt, deren Antennen fest mit den Gehäusen verbunden und deren Anschlusskabel mit den Verstärkerplatinen verlötet sind. Dieses Konstruktionsmerkmal ist durchaus von Vorteil, weil es Verluste des Übertragungsweges zwischen der elektronischen Schaltung und der Antenne minimiert, gereicht aber hier zum Nachteil, weil ohne tiefen Eingriff in die feinnervige Gerätehardware eine Fremdantenne nicht angeschlossen werden kann.

Abhilfe schaffen hier Antennenreflektoren, die mit den fest verbauten Sende- und Empfangsdipolen zusammenwirken. Auch hierfür findet der geneigte Surfer verschiedene Bauanleitungen im Internet, in der Regel solche mit parabolischem oder winkelförmigem Querschnitt. Besonders die Winkelreflektoren eignen sich wegen ihrer einfachen Herstellung für die doch häufig vorkommenden engagierten Selbstbauer ohne gut ausgestatteten Bastelkeller.

Fragestellung

Im Bereich der Winkelreflektoren werden Antennengewinne von bis zu 10dBi berichtet. Die Quellen im Internet beschreiben die Geometrien mit Schenkeln der Maße L und B, die in etwa der Wellenlänge des WLAN-Signales entsprechen. Die Schenkel schließen hierbei einen Winkel W von 90° ein. Der Soll-Abstand A des Dipols zur Reflektorknicklinie beträgt dabei knapp 0,5 mal Wellenlänge.

WLAN-Reflektor Bemassung

Hier nun soll es zuerst um eine rechnerische Verifikation der durch Internet-Recherche gefundenen Geometrien gehen, dann aber auch um eine Leistungsoptimierung per mehrdimensionaler, simultaner Geometrieoptimierung.

Es muss vorab festgestellt werden, dass die beschriebenen Reflektoren die Sende- und die Empfangseigenschaften eines Dipols gleichermaßen verbessern und dass es wegen der Vollduplexeigenschaft des WLANs angebracht ist, alle am lokalen ‚Richtfunknetz’ beteiligten Antennen mit Reflektoren zu versehen. Für die Optimierung der Geometrie der Antennenreflektoren jedoch reicht es aus, alleine die Sendeeigenschaften der Antenne des WLAN-Sternpunktes zu betrachten.

Rechenwerkzeuge

Werkzeug zur Feldberechnung

In den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde in den USA ein Boundary-Element-Code namens AMP entwickelt, der die Maxwellschen Feldgleichungen für definierte Spezialfälle der Funkantennen-Anwendung numerisch zu lösen vermochte. Dieses Computerprogramm war für die üblicherweise im Batchbetrieb laufenden Mainframes konzipiert und in FORTRAN geschrieben. In den 80er-Jahren wurde dieser Simulations-Code letztlich im Auftrag des DoD am Lawrence-Livermore-Laboratory weiterentwickelt und den speziellen Bedürfnissen marine-militärischer Anwendungen angepasst. Dieser NEC2 genannte Code wurde samt Dokumentation öffentlich und blieb durch die Jahrzehnte hindurch erhalten, fristete aber, wahrscheinlich wegen seines weiterhin unkomfortablen, da aus der Lochkartenzeit stammenden Bedienkonzeptes, ein Dasein im Schatten seiner kommerziellen Weiterentwicklungen.

Circa im Jahre 2000 dann veröffentlichte Arie Voors sein 4NEC2 genanntes public-domain-Programmsystem, das den numerischen Kern von NEC2 benutzte, diesen aber mit einer komfortablen graphischen Benutzeroberfläche umgab.

4NEC2 wird hier zur Berechnung des elektromagnetischen Fernfeldes benutzt, das sich bei Verwendung eines klassischen WLAN-Dipols und eines definierten Winkelreflektors ausbildet.

Werkzeug zur simultanen Parameteroptimierung

Die Darstellung der mathematischen Grundlagen, Details und Anwendungen des Design of Experiment füllt ganze Bibliotheksregale, so dass es unmöglich erscheint, einen sowohl kurzen als auch schlüssigen Abriss dieser mächtigen, zur experimentellen Statistik gehörenden Methodensammlung zu geben. Deshalb sei hier nur auf den möglichen Einstieg über Wikipedia verwiesen und die Zielsetzung des Einsatzes im Rahmen der in diesem Bericht beschriebenen Optimierung der Geometrie von winkelförmigen WLAN-Antennenreflektoren aufgezeigt:

Wie oben bereits beschrieben leistet das Feldberechnungsprogramm 4NEC2 je Rechenlauf nur vorwärts gerichtete Simulationsberechnungen auf genau einem definierten Eingangsparametersatz. Mit dem Ziel einer globalen Optimierung müssen mehrere Rechnungen mit systematisch variierten Parameterwerten durchgeführt werden, die die jeweiligen Auswirkungen auf das Optimalkriterium untersuchen lassen. Mithilfe der Methodensammlung des Design of Experiment nun lassen sich Versuchspläne bewusst minimalaufwändiger Rechenexperimente mehrerer freier Parameter aufstellen die einer nachgeschalteten simultanen Optimierungsbetrachtung im Hyperraum aller Parameter zugänglich sind.

Im Rahmen der im vorliegenden Bericht beschriebenen Rechenexperimente wurde ein kommerzielles, proprietäres DoE-Programm benutzt. Kostenfrei verfügbar und dem gleichen Zweck dienend sind Programmiersprachen wie R oder Python/pyDOE oder aber Trial-Versionen verschiedener spezieller DoE-Tools.

Rechenexperimente

Freie Parameter

Die bestimmenden Parameter eines symmetrischen Winkelreflektors sind

Gebundene Parameter

Fixe Parameter 4NEC2

Fixe Parameter DoE

Rechenergebnisse

Es wurden insgesamt fünf rekursiv aufeinander aufbauende Versuchspläne mit überlappenden Parameterräumen gerechnet. Da nur der Ergebnisgraph des letzten der genannten fünf rekursiven Versuchspläne das globale Optimum zeigt, wird er hier eingehender beschrieben.

Das folgende Diagramm zeigt die Paretoanalyse der Koeffizienten der Terme der Approximationsfunktion für das reziproke V. Da V in Bezug auf die abgestrahlte maximale Leistungsdichte dominiert, ist das entsprechende Diagramm für SWR nicht angezogen.

Diskussion: Die Parameter der Terme , und haben positive Vorzeichen, so dass im untersuchten Wertebereich der freien Parameter nicht-randständige Funktionsmaxima existieren können. Die Parameter der Terme B und L hingegen haben große negative Koeffizienten, die das Optimum bei großen Werten für B und L erwarten lassen. Interessant sind auch die starken Interaktionen von A, L und B mit W.

Pareto-Vergleich für V

Die folgenden drei Contour-Plots untersuchen die starken Interaktionen. Man erkennt genau ein Optimum in den Diagrammen V=f(B, W) und V=f(L, W) und im Diagramm V=f(A, W) eine Hochlage für die verallgemeinerte Koordinate W*A=const.

Predicted Contour Plots für V

Das nächste Diagramm zeigt zuerst die Wertebereiche der Eingangsparameter des Versuchsplanes, dann die approximierten multidimensionalen Modellfunktionsgraphen für V und SWR samt zugehöriger 95%-Vertrauensbereiche. Das Ergebnis des Suchlaufes bezüglich der nach SWR und V gewichteten Optimalkonstellation der freien Parameter ist in die Diagramme eingetragen.

Predicted Response Graph für V und SWR

Diskussion: Je größer die Breite B des Reflektors, desto wirkungsvoller ist er, allerdings steigt V oberhalb von 180mm nicht mehr an. Dies ist nachvollziehbar, denn mit zunehmender Breite fängt der Reflektor immer weniger zusätzliche Feldlinien ein. Für A, B, L und W ergibt sich ein globales Optimum. Dies erschließt sich einer gedanklichen Plausibilisierung, wenn man die hier gefundenen Effekte mit Reflexion und Interferenz bei kohärentem (Laser-)Licht vergleicht. Im Optimalpunkt findet man einen Antennengewinn von ca. 12dBi und ein erwartbar nicht ganz optimales Stehwellenverhältnis von 2,4.

Die folgenden zwei Bilder, die die Verstärkung in der Nähe der der gefundenen Optimalkonstellation in zwei Ebenen zeigen, geben eine Idee für die Richtwirkung des berechneten Antennenreflektors. Einen zusätzlich dreidimensionalen Eindruck vermittelt das Einstiegsbild.

Verstärkungsprofil vertikale Ebene Verstärkungsprofil horizontale Ebene

Alle drei Bilder zusammen führen einen zusätzlichen Effekt, gewissermaßen einen wohlfeilen Sicherheitsaspekt der gezeigten Richtantennen-Idee vor Augen: Durch die Bündelung der Funk-Leistung auf einen schmalen Korridor (das erreichte Vorwärts-Rückwärts-Verhältnis beträgt immerhin fast 18 dB) verbessert sich auch die Abhörsicherheit des betreffenden WLANs außerhalb dieses Korridors.

Bauanleitung

Gut sortierte Baumärkte führen weiches, dünnes, daher sowohl für den Heimwerker als auch für den Reflektorbau ideales Alublech in handlichen Tafelgrößen. Die Bleche haben ebene, saubere Oberflächen und sind oft mit ansprechenden Mustern kleiner Durchbrüche versehen. Dieses Blech kann leicht mit Stichsäge, Knabber oder Blechschere zugeschnitten und z.B. an der Tischkante abgekantet werden. Da - wie gezeigt - die Charakteristik des Antennengewinnes im Bereich des Optimums weich gerundet ist, braucht nur einfach genau gearbeitet zu werden.

Das folgende Foto zeigt beispielhaft einen nach obiger Anleitung gebastelten Reflektor.

WLAN-Reflektor Beispiel