Die Umrissform alleine hat schon einen großen Einfluss auf die Wirksamkeit eines Jollenschwertes...
Nach Püschl wird bei einer elliptischen Auftriebsverteilung
der induzierte Widerstand eines Flügels bei gegebenem Auftrieb minimal. Man erzielt auf diese Weise einen konstanten 'Abwind' entlang der
Profillänge. Damit beginnt, wenn man das Profil in der Strömung langsam immer weiter anstellt, auf seiner gesamten Länge zu einer
Zeit die Ablösung. Der Flügel ist somit auch auf seiner gesamten Länge optimal ausgenutzt.
Fossati zeigt, dass
es zur Erreichung einer elliptischen Auftriebsverteilung aber keines elliptischen Umrisses des Flügels braucht, denn mit der geeigneten Wahl des
Verhältnisses der Maße der Sehnen von Flügelwurzel und Flügelspitze sowie des Pfeilungswinkels der 25%-Linie des Flügels kann auch mit einfacher
realisierbaren, trapezförmigen Umrissen ein solcher Effekt erzielt werden:
Die optimale Zuordnung des Maßverhältnisses zum Pfeilungswinkel gibt dann das folgende Diagramm:
Wieder nach Püschl muss die Wirkung der Schwertwurzel genauer
betrachtet werden, denn hier wird die beabsichtigte Umströmung des Auftriebskörpers durch die Grenzfläche von Wasser und Luft gestört.
Es kommt zu Wellenbildung, die besonders bei hohen Fahrgeschwindigkeiten einen zusätzlichen Auftriebsverlust und zusätzlichen induzierten
Widerstand bedeutet. Hier macht eine gewisse positive Pfeilung Sinn, bringt sie doch den Lateraldruckpunkt eines Schwertes in die Tiefe.
Da das Boot des Autors aber nur im Revier Bodensee mit seinen bekannt schwachen Winden und damit vorwiegend langsam bewegt wird und da beim
Fieren des Schwertes ein positiver Pfeilungswinkel per se mit eingestellt wird, kann auf eine solchermaßen argumentierte,
also über die Dimensionierung des Schwertes eingebaute positive Pfeilung verzichtet werden.
Längeres Pröbeln mit den gezeigten Diagrammen und mit der vorliegenden Einbausituation des Schwertes im vorgegebenen Schwertkasten führte
zur Entscheidung, ein Maßverhältnis der Profilsehnen von Schwertspitze zu Schwertwurzel von 0,5 anzustreben. Hier ist entsprechend obigem Diagramm
dann eine Rückwärtspfeilung mit einem Pfeilungswinkel der 25%-Linie von ca. -3° zu wählen.
Hauptmaße
Lang und schlank ist besser als kurz und dick...
Görge beschäftigt sich in einem interessanten Beitrag zu einer
Ausgabe der 505er-Klassenzeitschrift mit der Frage der optimalen Hauptmaße eines 505er-Schwertes. Er stellt auf der Basis beachtlicher
Rechenexperimente fest:
-
Es lohnt sich, über die Reduktion der Profilfläche relativ zum Originalschwert nachzudenken, denn die verkleinerte Fläche verursacht
einen linear mit der Flächenreduktion skalierenden, geringeren Betrag newtonscher Reibung.
-
Allerdings sollte die Flächenreduktion nicht übertrieben werden, denn die größere Fläche erzeugt gerade bei kleinen Geschwindigkeiten
den notwendigen Auftrieb ohne Strömungsabriss beim erlaubten Grenz-Driftwinkel.
-
Bei gegebener Profilfläche bedeutet ein längeres Schwert einen geringeren induzierten Widerstand des Flügels wegen des kleineren
Endwirbels.
-
Zusätzlich reduziert die verringerte Schwertbreite die Reynoldszahl, mit dem positiven Effekt eines relativ gesehen
späteren Umschlagens der laminaren in eine turbulente Strömung am Profil, so dass sich auch der Profilwiderstand selbst verringert.
-
Außerdem erreicht ein längeres Schwert mehr Höhe am Wind, weil es ein besseres Verhältnis von Auftriebs- zu Widerstandskraft erzeugt.
-
Der wachsende Hebelarm des dann nach unten wandernden Auftriebs-Druckpunktes muss durch kräftigeres Ausreiten kompensiert werden.
Kellner, ein erfolgreicher 505er-Steuermann, beschreibt,
wie er für sein Meisterschaftsboot die Schwertfläche gemessen am Originalschwert sehr erfolgreich um über 30% reduzierte,
allerdings bei gleichzeitig signifikanter Verlängerung und Profilierung desselben und für eine gemessen an Bodensee-Verhältnissen hohe
Auslegungsgeschwindigkeit.
Das Vorgehen war es nun, in Ermangelung konkreter Berechnungen oder Experimente und mit nur wenigen Literaturzitaten in der Hand
mutige Setzungen vorzunehmen:
-
Reduktion der Wurzelbreite um nur geringe 5%.
Die Gründe hierfür sind in der notwendigen Festigkeit der Schwertwurzel und in den gewöhnlich schlechten Windverhältnissen
des Reviers zu sehen. Die neue Wurzelbreite beträgt daher 420mm.
-
Die Schwertlänge wird den Klassenvorschriften genügend und entsprechend den Platzverhältnissen im Schwertkasten maximiert.
Die profilierte Fläches des neuen Schwertes wird so 1123mm lang.
-
Das gewählte Maßverhältnis von Spitzenbreite zu Wurzelbreite führt zu einer Spitzenbreite von 210mm.
-
Der Pfeilungswinkel der 25%-Linie beträgt (s.o.) ca. -3°. Hierbei steht die Vorderkante des Schwertes nun senkrecht
zur Wasseroberfläche.
-
Insgesamt ergibt sich eine Reduzierung der Fläche des neuen Schwertes gemessen am Originalschwert von etwa 20%.
Strömungsprofile
Und das geeignetste Auftriebsprofil ist...
Stoffsammlung zu Auftriebsprofilen für Jollen-Schwerter
Püschl stellt fest, dass der Auftriebsbeiwert
symmetrischer Auftriebsprofile bis zu den bei Jollen-Schwertern üblichen maximalen Driftwinkeln von gut 5° in verblüffend guter Näherung
nur vom Driftwinkel selbst abhängt:
cl[] ≈ 0,11 ⋅ α[°].
Das aber bedeutet, dass die zu betrachtenden Profile nur im Hinblick auf das Verhalten des Widerstandsbeiwertes cd im Bereich
der auftretenden Driftwinkel zu vergleichen sind. Allenfalls muss noch kontrolliert werden, ob die Profile im avisierten
Driftwinkelbereich keinen kompletten Strömungsabriss erleiden.
Der große Bethwaite fand, dass
Laminarprofile nur bei spiegelglatt polierter Oberfläche und bei Anströmwinkeln von kleiner 3° ihren Vorteil des im Vergleich
zu den klassischen Profilen halbierten Widerstandsbeiwertes ('Laminardelle') ausspielen können. Bei für Freizeitjollen üblicher
Oberflächenrauigkeit fallen sie sogar hinter die klassischen Profile zurück, weil die Laminardelle verschwindet,
ihre zweite Schwäche, nämlich der schmale erlaubte Bereich der Anströmwinkel aber erhalten bleibt.
Er empfiehlt ein 9% bis 10% dickes Profil mit recht kleinem Nasenradius und anschließend einem parabolischen Übergang, der sich auf ca. 15%
der Sehnenlänge ausdehnt, als besten Kompromiss für alle Geschwindigkeiten.
Er stellt weiterhin fest, dass aus zwei Dreiecken und einem Rechteck zusammengesetzte Profile - solche Profile wurden mit neuen
Jetons verkauft - "... für schnelle Boote ... katastrophal ..." sind. Solche Profile ventilieren früh und lassen die Strömung erst
sehr spät wieder anliegen. Das Abrunden der Ecken bringt hier etwas, man erreicht damit aber bei weitem nicht die Leistungen
optimaler Profile.
Görge verglich rechnerisch
drei ca. 9% dicke Profile mit unterschiedlichen Dickenrücklagen bei 5,5 Knoten Design-Geschwindigkeit:
-
25% Dickenrücklage mit Hohlflanke - eine alte Empfehlung für den 505er
-
30% Dickenrücklage eines NACA-Standardprofils
-
60% Dickenrücklage eines NACA-Laminarprofils
Ergebnis war es, dass auch hier das Laminarprofil hinter die klassischen Profile zurück fiel, und dass es fraglich ist, ob der
leichte Vorteil den das 25er-Profil gegenüber dem 30er-Profil zeigte, sich in der Praxis wiederfinden lässt.
Auch auf der Homesite der deutschen Javelin-Vereinigung
(NN) konnte eine ähnliche rechnerisch gemachte
Untersuchung verschiedener Profile mit einem vergleichbaren Ergebnis gefunden werden. Hier war ein etwas 'laminareres' aber durchaus
noch als klassich geltendes Profil der Vergleichssieger.
Der sehr schmal ausgeführte Schwertkasten des ersten Klepper-Bauloses des Jeton lässt an der Schwertwurzel nur ein 6% dickes Profil zu.
Hier hilft der Vorschlag von
Fossati,
Übergänge von Profilen und Profildicken auf der Länge von der Wurzel bis zur Spitze zu wählen, um hoch belastete Rennyacht-Kiele mit
ausreichend großen Biegesteifigkeiten ausstatten zu können.
Der Auslegungspunkt
Wichtig sind im vorliegenden Fall die Kurse Am-Wind bis Raumschots bei Verdrängerfahrt. Mehr gibt das Revier Bodensee nicht her.
Vor dem Wind wird das Schwert fast ganz hoch gezogen, um die benetzte Fläche zu reduzieren.
Es geht in Summe also um Reynoldszahlen von etwa 500.000 und um geringe bis mittlere Driftwinkel.
Die Profilauswahl
Das wohl am häufigsten für Jollenschwerter verwendete Profil ist das NACA0009, ein bewährtes klassisches Profil, das in einem
weiten Reynoldszahlen-Bereich funktioniert. Ausgehend von diesem Profil wurden in einer sehr umfangreichen
Profildatenbank ähnliche Profile mit 6% und 9% Profildicke bei Re = 500.000 und Ncrit = 5
gesucht und verglichen. Mit den oben dargestellten Literaturzitaten im Hinterkopf fiel die Wahl am Ende auf zwei Eppler-Profile,
das ea81006 und das ea61009. Für beide Profile spricht, dass sie größere Driftwinkel vertragen als viele vergleichbare Profile,
dass sie verglichen mit vielen anderen Profilen fülliger sind und damit per se etwas biegesteifer - und dass sie aus Stuttgart kommen ;-).
Man sieht in rot das ea61009 mit 9% Dicke und in grau das ea81006 mit 6% Dicke. Beide Profile haben eine Dickenrücklage von 30%:
Es folgen die Diagramme der Polaren der Profile (blau: ea61009, grün: ea81006).
Es ist klar zu sehen, dass das dickere Profil das deutlich gutmütigere ist und so auch bei Driftwinkeln von 10° noch gut funktioniert :
Das folgende Diagramm zeigt im Detail die von der Profildatenbank geladenen Stützpunkte
und die kubisch interpolierten Kurven der Halbprofile:
Wie von Fossati
vorgeschlagen wurden die beiden Eppler-Profile in der Längsrichtung des Schwertes rechnerisch linear überlagert. Nur an der
Schwertwurzel findet man daher das ea81006 und an der Schwertspitze das ea61009 in reiner Form. Das folgende 3D-Diagramm zeigt eine schön
strakende Fläche, es zeigt die Linie der größten Profildicke bei etwa 30% der Länge der jeweiligen Profilsehne und es zeigt die nur moderate
absolute Dickenabnahme von der 6% dicken Wurzel bis zur 9% dicken Spitze des Schwertes. Der scharfe Abriss an der Hinterkante wurde
vorsätzlich eingefügt, weil die Kante aus Festigkeitsgründen nicht mit Dicke Null auslaufen kann:
Auftriebsschwerpunkt
Sorgt zusammen mit dem Segeldruckpunkt für die Ballance des Ruders...
Der Auftriebsschwerpunkt des originalen Schwertes des Jeton liegt in einer Tiefe von ca. 340mm unter dem Rumpf und dort ca. 110mm hinter
der Vorderkante.
Es musste ein Ziel bei der Konstruktion des neuen Schwertes sein, dass die Position des neuen Auftriebsschwerpunktes in Längsrichtung
des Bootes gesehen auf der gleichen Koordinate landet. So kann garantiert werden, dass das Boot vor und nach dem Schwertumbau in etwa
das gleiche Gierverhalten zeigt. Die Aufgabe wurde zeichnerisch gelöst: Das folgende Bild zeigt das alte Schwert in türkiser und das
neue Schwert in weißer Linienfarbe im in blauer Farbe skizzierten Schwertkasten der Jolle. Der rote Punkt zeigt den Auftriebsschwerpunkt
des alten Schwertes. Weiß gestrichelt ist die 25%-Linie des neuen Schwertes eingezeichnet, auf der der Auftriebsschwerpunkt des neuen
Schwertes sich befinden muss. Das neue Schwert wurde in der Konstruktion nun so in Längsrichtung der Jolle verschoben, dass dessen
25%-Linie auf dem alten Auftriebsschwerpunkt zu liegen kommt.
Biegefestigkeit
Spannheimer schreibt im Jeton-Handbuch
des ASJETON: "... Es dürfte wenige JETON-Segler geben, die mit dem Originalschwert noch keinen Ärger gehabt haben. Der Grund des Ärgers
ist immer der gleiche. Die Schwerter brechen bei stärkerer Belastung parallel zur Faserrichtung des Holzes. Bei den alten 20 mm-Schwertern
genügte häufig schon ein starker böiger Wind, ..."
Das Problem ist es hier, dass die Kraft des Auftriebsschwerpunktes FA von
den Anlagepunkten A1, A2 und B aufgenommen wird und diese damit zwei Biegemomente erzeugen, eines um die
Bootslängsache und eines um die Bootshochachse. Im Querschnitt der größten summarischen Biegespannung C-C entsteht der Bruch, der sich bei
den alten Massivholzschwertern aber entlang der Maserung in der Richtung D-D ausbreitete.
Spannheimer schlägt es daher vor, den
Schwerthals mit einer Kohlefaserarmierung entsprechend seiner Skizze zu verstärken. Dieser Weg soll hier auch beschritten werden.
Herstellung
CNC-Technik bringt die notwendige Präzision...
Die oben beschriebene Volumendefinition wurde mit dem Open-Source-Programmpaket SCILAB berechnet und parallel mit den
Open-Source-CAD-Programmen FREECAD und LIBRECAD gezeichnet. Die Daten wurden anschließend auf das kommerzielle CAD/CAM-Programm
CONSTRUCAM-3D übertragen und mit diesem der entsprechende NC-Fräsdatensatz generiert.
Für die Herstellung des Grundkörpers des Schwertes wurde 27mm starkes, wasserfest verleimtes Birke-Multiplex verwendet.
Dieses wurde auf einer 3-Achsen-CNC-Fräsmaschine mit einer Genauigkeit von 0,1mm gefräst:
Hierdurch gelang das millimeter-genaue Einpassen des Schwertkopfes in den engen Schwertkasten, ebenso wie die Maximierung der Profildicke
im Bereich der Schwertwurzel. Man erkennt am fertigen Frästeil die strakenden Profilflächen und die mit eingefrästen Vertiefungen für
die Kohlefaserbandagen:
Für die Bandagen wurde unidirektional gelegtes Kohlefaserband in insgesamt sechs Schichten je Schwertseite mit Epoxidharz in
die gefrästen Vertiefungen einlaminiert:
Den Zustand nach dem abschließenden Spachteln, Glätten, Grundieren und mehrfachen Deck-Lackieren
mit Zwischen-Schleifen zeigt das folgende Bild. Zum Vergleich steht links daneben das alte Schwert - des alten Jeton: